Studie

LOBBYING FÜR DIE WISSENSCHAFT

Politische Interessenvertretung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen
als strategische Kommunikation
Wissenschaft und Hochschulen sind von grundlegender Bedeutung für unsere Gesellschaft. Allerdings bestehen in den Einrichtungen selbst, in der Öffentlichkeit und in der Politik teils unterschiedliche Ansichten über Aufgaben und Leistungen von Forschung und Lehre. Exzellenzinitiative und Hochschulpakt, eine dauerhafte Unterfinanzierung sowie eine verstärkte Leistungsorientierung etwa durch Rankings setzen die Wissenschaftsinstitutionen unter Druck. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsorganisationen haben auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre unter anderem mit einem deutlichen Ausbau der eigenen Öffentlichkeitsarbeit reagiert.

Doch reicht die Kommunikation über die Medien aus, um auf seine Interessen aufmerksam zu machen und diese auch durchzusetzen? Das hier vorgestellte Forschungsvorhaben untersucht mittels einer Vollerhebung im Rahmen einer Befragung, wie Wissenschaftseinrichtungen mit der Politik kommunizieren, mit dem Ziel, ihre Anliegen durchzusetzen, kurz: wie sie Lobbying betreiben.

Die Studie soll einen theoretischen Rahmen für die politische Interessenvertretung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen liefern und die Aktivitäten in diesem Bereich einer umfassenden und – auch in Hinblick auf die Folgen für Wissenschaft und Gesellschaft – kritischen Bestandsaufnahme unterziehen. Neben theoretischen und empirischen Befunden ergeben sich Handlungsempfehlungen für die Interessenvertretung von Wissenschaft sowie Ansätze für die gesellschaftliche Debatte.

Forschungsstand
Auch wenn Lobbying in den Medien und in der Öffentlichkeit häufig und ausführlich diskutiert und geschrieben wird und meist Gegenstand heftiger Kritik ist, ist der gezielte Einfluss verschiedener gesellschaftlicher Gruppen auf die Politik in Deutschland theoretisch und vor allem empirisch unzureichend erforscht, und es gibt kaum aktuelle wissenschaftliche Literatur. Da der Begriff der Lobbyarbeit in Deutschland meist negativ konnotiert ist, sprechen die Autorinnen und Autoren eher von Interessenvermittlung, politischer Kommunikation oder Politikberatung. Die Begriffe werden oft durcheinander und willkürlich verwendet.

In der Kommunikationswissenschaft wird Lobbying als ein Teilbereich der Public Affairs verortet, der wiederum als Teilbereich der Öffentlichkeitsarbeit definiert wird. Während letztere inzwischen sowohl theoretisch als auch empirisch relativ gut erforscht sind, sind Public Affairs bisher nur unzureichend beschrieben. Die meisten Aussagen zu Public Affairs beziehen sich in erster Linie auf die Wirtschaft und lassen sich nicht ohne weiteres auf die Wissenschaft und ihre Organisationen übertragen.

Theoretische Ansätze
Da Lobbying in der Kommunikationswissenschaft als Public Affairs und damit als Teilbereich der Public Relations (PR) verstanden wird, stützt sich die hier geplante Arbeit insbesondere auf theoretische Ansätze aus der PR-Forschung. Die gesellschaftliche Funktion von PR und damit auch von Lobbying sowie die kommunikativen Beziehungen zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, also hier zwischen Wissenschaft und Politik, lassen sich mit Hilfe systemtheoretischer Ansätze beschreiben. Den Leistungen von Lobbying für Organisationen sowie den Aufgaben der Akteure, die Lobbying betreiben, nähert sich die Studie ähnlich wie die PR-Forschung mit organisations- und handlungstheoretischen Ansätzen.

Forschungsfragen

1.    Wie lässt sich Lobbying von Wissenschaftsorganisationen definieren? (Theorie)
2.    Welche Ziele verfolgen die Hochschulen dabei (Strategie)?
3.    Wer betreibt Lobbying von Seiten der Hochschulen (Akteure)?
4.    Wie schätzen die Akteure ihre Rolle ein (Berufliches Selbstverständnis)?
5.    Wie gehen die Hochschulen dabei vor (Instrumente)?
6.    Wen sprechen die Hochschulen an, wie gestalten sich die Beziehungen? (Bezugsgruppen)
7.    Welche Themen und Interessen kommunizieren sie dabei? (Inhalte)
8.    Welche Maßstäbe setzen die Hochschulen an ihr Vorgehen (Ethik und Qualität)?
9.    Wie bewerten die Hochschulen den Erfolg von Lobbying (Evaluation)?
10.    Wie hat sich das Lobbying im Laufe der letzten Jahre verändert (Entwicklungen)?
 
Forschungsdesign

1.    Vorstudie: Offene Befragung
Explorative persönliche oder telefonische Leitfaden-Gespräche mit ausgewählten Expertinnen und Experten der Hochschulkommunikation ausgewählter Hochschulen und außeruniversitärer Forschungsorganisationen zur Exploration des Feldes

2.    Hauptstudie: Standardisierte Online-Befragung
Vollerhebung unter allen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsorganisationen mittels Online-Fragebogen
3.    Ergänzungsstudie: Hochschul- und Wissenschaftsverbünde
Standardisierte Online-Befragung unter ausgewählten Verbünden von Hochschulen und Wissenschaft, u.a. alle Landesrektorenkonferenzen

 

Auf einen Blick

Graphic Recording des Vortrags auf dem Forum Wissenschaftskommunikation am 6. Oktober 2021

Lorna Schütte für WiD

Posterpräsentation im Rahmen des Young Researcher's Day an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt im Juli 2022

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